Im August 2002 kaufte ich von einem Gastwirt im Siegerland das Dieselross. Der Schlepper war seit 1984 stillgelegt und stand im Freien, etwas unliebsam unter einer Plane verhüllt . Der Besitzer hatte den Fendt angeblich nur zum Holzfahren und zum Antrieb einer Kreissäge verwendet. Da dieser F28 aber keine Riemenscheibe hatte, war die Antriebswelle des Mähwerks umfunktioniert und damit die Säge angetrieben worden. Der Mähbalken selber war jedoch nicht mehr vorhanden. So stand er nun da:
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Das Bild täuscht allerdings wesentlich. Die Farbe war ein häßliches Olivgrün und nicht der Originalton , wie man fast anhand des Bildes vermuten könnte. Wie sich herausstellte, war der Traktor von einem der Vorbesitzer mal „übergejaucht“ worden. Das muß aber schon im Harz passiert sein, dort war der Schlepper vor 1984 zugelassen. Weiter läßt sich die Historie jedoch nicht mehr zurückverfolgen.
Aber die Substanz war erstaunlich gut, nahezu „unverbastelt“ (außer der total maroden Elektrik) und der Schlepper hatte keinerlei Schweißstellen. Die meisten seiner Artgenossen mit wassergekühlten Motoren sind ja bekanntlich den Kältetod gestorben, weil der Motorblock aufgefroren ist. Nicht aber dieser F28; übrigens eine Hochrad- oder auch Hackfrucht-Ausführung (dafür steht das „H“ in der Typenbezeichnung) mit 36er-Bereifung.
Nun, ich war aus Ostwestfalen-Lippe immerhin ca. 200 km gleich mit einem LKW über die Höhenzüge des Sauerlandes angereist, um das Dieselross „zu befreien“. Wir waren gleich Freunde und deshalb wurde auch nicht gezögert und nach einer Probefahrt der Schlepper aufgeladen.
Getrost nach dem Motto „Gut Ding will Weile haben“ dauerte es 10 Monate, bis der Fendt in neuem Glanz erstrahlen konnte. Ich begann zunächst damit, den Rumpf aufzubocken und die Räder und Kotflügel abzubauen, ebenso wie die zahlreichen Anbauteile (Ackerschiene, Bodenplatten, Mähantrieb, Haube, Kühler, Tank, Armaturenbrett). Am Ende stand also nur noch der Motorblock mit Getriebe und Achsen.
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Da fast alle Fachleute abraten, alte Motorblöcke mit dem Sandstrahlgerät zu bearbeiten, habe ich begonnen, den Block von hinten nach vorne mit der Drahtbürste freizulegen. Wie sich herausstellte, ein irrsinniger Aufwand, der einige Monate dauern sollte .
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Schleifen bzw. Bürsten und dann zum Abschluß schnell Grundierung drauf, damit sich kein Flugrost bildet. Tag um Tag bzw. Abend für Abend auf’s neue. Da der Motor prinzipiell in Ordnung war und das Getriebe keinerlei Geräusche von sich gab, war daran ja nichts zu überholen und so bezog sich die Aufarbeitung im Wesentlichen auf die Optik.
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Während der eisigen Winterkälte mußte die Arbeit aber ruhen; in dieser Zeit habe ich mich dann schon mal um die Anbauteile gekümmert und die (zahlreichen) Beulen aus den Blechen gedengelt, dann zum Sandstrahlen gebracht und sie auch lackieren lassen.
Eines vorweg: die Motorhaube ist der Blickfang eines jeden Dieselross und die hat eine KFZ-Lackierwerkstatt gespachtelt, geschliffen und tip-top lackiert. Sie spiegelt nun wie die Motorhaube eines Autos. Sah damals bei der Auslieferung im Jahr 1954 bestimmt nicht so gut aus.
Zusätzlich ließ ich im Winter auch den Anlasser und die Lichtmaschine überholen. Bei der Gelegenheit habe ich mich dann auch schon mal mit der Elektrik auseinandergesetzt, die ja komplett erneuert werden mußte. Ich habe mit das Material sowie die notwendigen Informationen dafür besorgt.
Im Frühjahr 2003 begann ich dann so langsam wieder damit, die Anbauteile zu montieren.
Eine wichtige Anmerkung dazu: Ich habe fast alle Schrauben durch neue Schrauben ersetzt, viele Original-Schrauben erwiesen sich doch als recht mürbe. So z. B. eine Schraube für die Handbremsratsche, die ich wiederverwenden wollte, die dann aber am Getriebeblock abgerissen ist: also Ausbohren und Gewinde nachschneiden. Was passiert beim Ausbohren einer Schraube ? Richtig, der Bohrer bricht ab. Kann man eine gehärtete Bohrerspitze ausbohren ? Wohl kaum. Mit ganz viel Fummelei konnte ich die Reste weitgehend entfernen und das Gewinde freilegen. Darum aber der Entschluß, keine alten Schrauben mehr zu verwenden.
Da die Bereifung nicht mehr TÜV-würdig war, mußte auch diese erneuert werden. Gar nicht so einfach, die passenden Reifen aufzutreiben. Montiert waren „Rasierklingen“ der Größe 8-36; auf die Felge passen aber auch 9/9,5-36 und die habe ich dann auch aufziehen lassen. Die Recherche hat ergeben, daß der F28 damals auf Bestellung auch mit dieser Reifengröße ausgeliefert wurde. Die Eintragung der Reifen in die Papiere war also nur Formsache (und kostete natürlich eine Extra-Gebühr).
Ja, und dann war da noch die Elektrik. Prinzipiell ist die Schlepper-Elektrik kein „Hexenwerk“, aber der Teufel steckt bekanntlich häufig im Detail:
Problem war die sogenannte Zweikreis-Schaltung der Blinkanlage. Das Bremslicht wird (nur hinten) auf die Blinker-Birnen geschaltet, aber falls der Blinker gesetzt ist, hat dieser Vorrang. Da der Bremslichtschalter zwar vorhanden aber totgelegt war (wird bei so alten Fahrzeugen nicht verlangt), bestand diese Schaltung also nicht. Es war nur ein einfaches Blinkrelais eingebaut. Dieses habe ich durch einen neuen „alten“ Hella-Blinkgeber ersetzt, der die gewünschte Schaltung beinhaltet.
Anschließend habe ich noch die Anhänger-Steckdose zugeschaltet; da muß man auch aufpassen, daß man die richtig anschließt, sonst funktioniert die zuvor beschriebene Schaltung nicht mehr. Die abschließende Krönung ist dann der Warnblinker. Der ist zur TÜV-Abnahme erforderlich und hat wiederum Vorrang über alle anderen Schaltungen. Auch kniffelig. Ein Tipp: der TÜV kontrolliert ganz gerne folgendermaßen: Licht einschalten, Bremsen, dann gleichzeitig Blinken und dann zusätzlich Warnblinker. Da setzt es dann bei einigen aus.
Nachdem ich dann im Juni 2003 das Dieselross wieder auf die „Hufe“ gestellt habe, wurde gründlich gelüftet, vorgeglüht und nach etwas Zögern kam dann das lang ersehnte „Hämmern“ des Zweizylinders. Einige Probefahrten, Bremsenjustage, fertig !!!
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Da das Alttraktorentreffen im Nachbarort nahte, habe ich es gewagt, einfach ein 6km-Schild an den Fendt zu heften und bin so zum TÜV (nur ca. 3 Kilometer entfernt) gefahren. Als erstes habe ich mir dort einen gewaltigen Einlauf abgeholt, da ich mit einem stillgelegten Fahrzeug über die öffentliche Straße gefahren bin. Die 6km-Begrenzung bestand ja tatsächlich nur auf dem Schild, und nicht durch Drosselung des Motors bzw. Getriebeblockade und Eintragung im Brief. OK, die Silberlocken vom TÜV haben ja Recht, aber sollte ich mein „Schätzchen“ für lächerliche 3 Kilometer extra wieder auf einen LKW packen ? Ich hätte angeblich den Traktor nicht einmal dorthin schleppen dürfen. Aber nun stand ich ja schon auf dem Gelände. Zur Wiederinbetriebnahme war ein Vollgutachten erforderlich. Spätestens als der Sachverständige mich aufforderte, das Fernlicht einzuschalten, wußte ich, daß der null Ahnung hat.
Der F28 sollte eigentlich absolut mängelfrei sein. Dachte ich. Aber so ein Prüfer hat ja auch seinen Stolz und sprach mich auf den fehlenden Umsturzbügel an .
Ich hatte mich aber im Vorfeld erkundigt: auf den Bügel kann die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft bestehen, aber nicht der TÜV. So bekam ich dann am Ende nach einer längeren Diskussion das Gutachten und konnte damit beim Straßenverkehrsamt die Zulassung problemlos beantragen .
Der Traktor lief zwar, aber wie sich dann bei einigen Ausflugsfahrten herausstellte, fehlte doch etwas die Kraft. Insbesondere bei Anstiegen sank die Drehzahl rapide . Dieses Problem hatte ich beim Ankauf nicht erkennen können, da ich den Trecker ausschließlich auf dem Grundstück bewegen konnte. Kraftstoff- und Luftzufuhr waren ausreichend, die Filter frei und die Auspuffgase auch scheinbar ganz ok. Nun, mittlerweile hat ein Experte Kraftstoff- und Einspritzpumpe überholt, die Einspritzdüsen erneuert und die Ventile eingestellt.
Und jetzt rennt der Fendt wieder, daß es nur so eine Freude ist !
Wenn alles klappt, bekommt mein Dieselross zur nächsten Saison den passenden Mähbalken. Die Riemenscheibe habe ich auch schon liegen, aber der Einbau bereitet noch einige Schwierigkeiten (Kegelrad/Tellerrad).
Falls mir noch jemand Schutzbleche für die Vorderräder anbieten kann, wäre ich dankbar !
Letzter Punkt: die Kosten.
Man sollte auf keinen Fall die Kosten für die Restaurierung eines Alttraktors unterschätzen. Das Schleifmaterial, die Farbe, hier ein Schräubchen, da ein Lämpchen , diverse sonstige Kleinteile, Bereifung und der Fremdlohn. Da befindet man sich am Ende locker im 4stelligen Euro-Bereich, wenn man die Arbeit gründlich macht. Sollte man sich also vorher gut überlegen