Lindner BF22 - durchzuführende Motorwartungen

  • Hallo,

    ich möchte den Motor meines Lindners (Erbstück) warten. Er ist, soweit ich das beurteilen kann, eigentlich recht ordentlich gelaufen.
    Öl habe ich bereits abgelassen und kontrolliert ob sich darin Metallspäne befinden. Spaltölfilter habe ich ausgebaut und mit Diesel gereinigt. Motordichtsatz habe ich bereits besorgt.

    Ich möchte jetzt als nächstes die Ölwanne runter nehmen und mit einer Korkdichtung neu abdichten. Ist gänzlich undicht.


    Auch die Einspritzdüsen scheinen sehr undicht zu sein. Von dort rann der Diesel scheinbar über Jahre den Motorblock runter. Will ich deshalb auch neu abdichten. Neue Dieselleitungen hab ich schon. Soll ich im Zuge dessen die Düsen gleich überprüfen lassen?

    Außerdem stellt sich für mich die Frage, ob ich auch den Zylinderkopf demontieren soll, um die Ventile zu begutachten und evtl. neu einzuschleifen? Muss ich zur Demontagae des Zylinderkopfes lediglich die vier Sechskantschrauben lösen und kann dann den Zylinderkopf abheben oder muss ich an den Stößelstangen auch was machen? Oder sollte ich das besser lassen, so nach dem Motto "never change a running system"?


    LG
    BF22

  • Tag,

    Du solltest die ganz normale Wartung durchführen und dann die Ventile einstellen. Vorher kundig machen ob die bei Deinem Motor im kalten oder im warmen Zustand eingestellt werden müssen. Dann führst Du einen Kompressionstest an den einzelnen Zylindern durch oder lässt ihn in einer Werkstatt durchführen. Ist und Soll- Werte vergleichen und die max. Abweichung der einzelnen Zylinder. Wenn alle Werte im Normalbereich sind Motor so lassen.

    Wenn die Werte zu stark abweichen einen Kompressionsverlust Test machen oder machen lassen.

    Zuerst natürlich die Einspritzdüsen überprüfen und gegebenenfalls reparieren lassen. Defekte Einspritzdüsen können Kolben Schäden hervorrufen. Dort nicht am falschen Ende sparen. Auch überprüfen ob bei Deinem Motor zwischen Kopf und Einspritzdüsen Wärmeschutzplättchen liegen. Diese sollten bei der Montage der Düsen erneuert werden. Einbau Richtung der Plättchen beachten.

    Lanzturm

  • Hallo Lanzturm,

    danke für deine ausführliche Antwort!

    Kann man einen Kompressionstest auch durchführen indem man den Motor mit der Handkurbel durchdreht? Ventile einstellen logischerweise vor dem Test oder?

    LG
    BF22

  • Moin,

    Den Motor von Hand durchkurbeln reicht für einen Kompressionstest nicht, es sei denn Du kannst die Kurbelwellen Drehzahl erbringen, die der Anlasser auch erzeugt. Schwierig. :wink:

    Wenn das Handbuch sagt man soll die Ventile im kalten Zustand einstellen, erst die Ventile einstellen und dann den Test machen.

    Wenn das Handbuch sagt, die Ventile im warmen Zustand einstellen erst den Motor warmlaufen lassen, Ventile einstellen, Test durchführen. Nach dem abkühlen des Motor noch einmal den Test durchführen und die Kompression Werte zwischen warmen und kalten Motor vergleichen.

    Lanzturm

  • ja, Ventilspiel ist bei kaltem Motor einzustellen. Werde ich als erstes machen. Anschließend werde ich den Kompressionstest durchführen.

    Sollten sich hier stark unterschiedliche Werte an den Zylindern zeigen, werde ich den Zylinderkopf abnehmen. Kann dieser nach öffnen der Befestigungsschrauben abgehoben werden oder muss ich an den Stößelstangen auch noch etwas lösen?

    Kann man von der Motorunterseite (nach dem Demontieren der Ölwanne) auch irgendwelche Test machen, um den Zustand des Motors zu überprüfen (Pleuel oder ähnliches)?

    LG
    BF22

  • Morgen,

    Das Einzige was noch sinnvoll ist ist das Längsspiel der Kurbelwelle zu prüfen. Dazu muss man die Kurbelwelle Richtung Getriebe drücken, am besten mit einem Kantholz und entsprechender Hebelei. Dabei möglichst nicht die Riemenscheibe demolieren, wenn man darüber hebelt. Danach eine Messuhr vorne auf die Mutter der Riemenscheibe setzen und auf Null stellen. Jetzt Kupplung treten und an der Messuhr nachsehen, wie viele mm sich die Kurbelwelle nach vorne geschoben hat. Ist und Soll- Werte mit den technischen Unterlagen vergleichen.

    Bevor Du die Zylinderköpfe bei Druckunterschied abnimmst erst einmal gucken ob der Druckunterschied überhaupt zu groß ist. Bis 10 Prozent Unterschied ist in Ordnung. Wenn die Abweichung zu groß ist nicht gleich schrauben sondern erst einmal mit der Ölkanne einige Tropfen Öl in den kalten Brennraum geben bei dem Zylinder mit der geringsten Kompression. Dann den Motor wieder mit dem Tester verbinden und orgeln. Ist bei diesem Test die Kompression auf einmal höher als ohne Öl ist ein Schaden an Kolben, Kolbenringe, Zylinder sehr wahrscheinlich. Ist die Kompression trotz Öl immer noch so gering wie vorher oder nur minimal besser, liegt der Fehler höchstwahrscheinlich an Zylinderkopf, Kopfdichtung, Ventile. Es kann natürlich auch immer eine Kombination sein, aber so hat man schon mal einen ungefähren Eindruck.

    Lanzturm

  • Hallo,

    hatte jetzt wieder etwas Zeit zum Schrauben. Als erster habe ich mich am Einstellen des Ventilspiels probiert, alles sorgfältig gereinigt und mit neuen Dichtungen den Ventildeckel wieder montiert.


    Anschließend habe ich die Ölwanne abgenommen und mich an die Reinigung gemacht. Wahnsinnig tolle arbeit :?
    Vorher

    nachher


    Bei der Gelegenheit auch gleich den Grobfilter mit Bremsenreiniger gereinigt.

    Anschließend habe ich so gut es ging die schwarzen Ablagerungen mit Bremsenreiniger entfernt. Reicht es in diesem Ausmaß wie am Bild ersichtlich oder sollten diese Ablagerungen möglichst vollständig entfernt werden? Kann man das auch mit Diesel auswaschen probieren?
    Vorher

    Nachher


    LG
    BF22

  • Moin,

    Sieht doch schon gut aus. Für derartige "schwere" Fälle nehme ich keinen Bremsenreiniger. Mit Motorrad- und Fahrradkettenreiniger löst sich die Ölkruste/Schmiere besser ab. Man sollte es nach dem einsprühen nur einige Minuten einwirken lassen und dann nochmal nachsprühen. Kannst Du ja mal probieren.

    Lanzturm

  • Hallo BF22,

    Bremsenreiniger ist nicht immer die erste Wahl - meistens zwar schon, aber in Deinem Fall würde ich mal versuchen, das Innenleben des Motors mit Diesel zu behandeln. Einfach mit einem Pinsel überall dick einpinseln. Diesel hat halt den Vorteil, dass es wie die Ablagerungen im Motor mineralöl-basiert ist, also aufgrund der gleichen Zusammensetzung wie die Motoröl-Ablagerungen diese anlösen kann. Bremsenreiniger löst zwar auch, aber ist doch ehr dazu da, einem Ölfilm von einer Gehäusedichtfläche zu entfernen und nicht, um Millimeter-dicke Ablagerungen zu lösen.

    Gruß, F20GH.

    Fendt F20GH 1952; Fahr D90H 1956

  • Vielen dank für eure Antworten!

    Ist die Verschmutzung stark? Ich frage deshalb, weil ich noch nie einen Motor von innen gesehen habe. :oops:

    Bedeuten diese Ablagerungen, dass zuvor unlegiertes Motoröl verwendet wurde bzw würdet ihr hier unlegiertes verwenden.

    Das mit dem Diesel werde ich auf jeden Fall probieren. Ich hatte zuvor nur Bedenken das diverse Reinigungsmittel für die Motorinnenseite evtl zu "aggressiv" sind.

    LG
    BF22

    • Offizieller Beitrag

    Moin,

    die Verschmutzungen sind nicht "zu stark", wie auch immer dieses definiert werden soll.
    Wenn dort eine schmierige Schlammschicht ist, ist es sicherlich gut diese zu entfernen. Ansonsten können die farbigen Reste bleiben.

    Über die verwendete Ölsorte lässt sich ohne Labortest absolut keine Aussage treffen, solch ein Test wäre übertrieben und würde dir auch nicht weiter helfen. Ich würde weiterhin ganz normales Mehrbereichsöl der für den Motor empfohlenen Viskosität nutzen, das hat er die letzten 40 Jahre höchstwahrscheinlich auch zu fressen gekriegt. Legierte Öle sind seit Anfang der 1950er Jahre Standard, daher wird er das bereits ab Werk gekriegt haben.

    Solange du keinen oxidativen Badreiniger nutzt, sondern Bremsenreiniger oder ölbasierte Reinigungsmittel (Spiritus, Diesel, Waschbenzin), musst du dir keine Gedanken um eine Agressivität auf Metall machen. Von blanken Flächen wäscht du zumindest mit dem Bremsenreiniger, Spiritus und Waschbenzin auch den schützenden Ölfilm ab, so dass die Luftfeuchtigkeit dort innerhalb weniger Tage für leichten Flugrost sorgen könnte. Wenn denn keine neue Ölbenetzung stattfindet.
    Wenn du den Motor nun also noch einige Wochen offen stehen lässt, solltest du ihn zumindest einmal mit WD40 oder ähnlichem Sprühöl von innen benetzen.

    mfG
    Fabian

  • Hallo Fabian,

    Danke für deine Hinweise. Ich werde demnächst mit Diesel nachwaschen und anschließend die Motorinnenseite mit WD40 Sprühöl benetzen. Müsste sich Flugrost nicht im normalen Betrieb, wenn das Öl heiß wird, wieder lösen?

    In der Ölwanne waren einige kleine Metalspähne. Ist das normal?

    LG
    BF22

    • Offizieller Beitrag

    Moin,

    Metallspäne gehören da auf keinen Fall hinein.
    Sie können entweder im Betrieb des Motors entstanden sein, bei einer unsachgemäßen Wartung oder Reparatur entstanden sein oder von außen beispielsweise beim Ölwechsel hinein gekommen sein. Wie sahen die Späne denn aus? Und welche Farbe bzw. aus welchem Material sind sie tatsächlich.

    Nein, Rost ist ja keine Beschichtung des Materials, sondern eine angegriffene Materialoberfläche. Klar, das was man bei stärkerem Rost von Hand abwischen kann, könnte auch im Motor von selbst auf die Reise gehen. Aber das will man erst recht nicht, das würde wie Sand wirken und zu einem kapitalen Motorschaden führen. Im Motor muss es, abgesehen vom Öl, penibel sauber sein.

    mfG
    Fabian

  • Morgen,

    die Farbe der Späne weiß ich leider nicht. Auf dem zuvor angehängten Bild der ungereinigten Ölwanne kann man die "Punkte" in der Ölwanne erkennen. Es waren jetzt nicht sonderlich viele aber eben doch ein paar. Ein Bekannter von mir (Mechaniker) hat gemeint, dass Metallspäne "normal" sind, deshalb habe ich die Wanne dann auch gleich gereinigt. :?

    Ich habe beim Ablassen des Öls ein Sieb verwendet, um das Öl auf Verunreinigungen zu überprüfen. Darin waren keine Partikel enthalten. Das Sieb war nach dem Ölwechsel sauber.

    LG
    BF22

    • Offizieller Beitrag

    Cooler Mechaniker...seine Kompetenz ist direkt mal in Frage zu stellen (wenn "normal" bei ihm nicht heißt, dass sowas bei älteren Schleppern öfter vorkommen kann). Aber normal im Sinne von korrekt bzw. unbedenklich ist das, wie Fabian schon sagte, nicht.

    Du solltest die Herkunft dieser Späne ausfindig machen bzw. das Öl in nächster Zeit öfter kontrollieren.

  • :? das habe ich auch schon befürchtet dass es nicht normal ist. Wie gesagt, es waren nicht viele Späne aber trotzdem. Dann werde ich im kommenden Herbst eben wieder einen Ölwechsel machen und die Ölwanne abnehmen, um zu sehen ob sich wieder etwas abgesetzt hat.

    Ich werde nun als nächstes alles ordentlich mit Diesel reinigen und den Motor dann mit Sprühöl benetzen, damit er nicht Flugrost ansetzt (danke für die Tipps). Anschließend möchte ich ihn noch neu abdichten und die Einspritzdüsen überprüfen lassen.

    Zuvor möchte ich sicherheitshalber trotzdem einen Kompressionstest machen.

    LG
    BF22

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