Frage an Blechprofis; Zinn oder Spachtel?

  • Hi Leute,

    bei mir gibts wieder gut was zu restaurieren, Auto, Traktor etc....

    Gerade früher, hat man anstelle von Spachtel (gabs noch nicht) Reparaturstellen mit Zinn ausgeglichen.

    Nun stehe ich vor folgender Frage: Habe am Blechkleid alle Schweißarbeiten ausgeführt. Wir haben stumpf (Kante-Kante) die Bleche eingeschweißt, wobei ich die einzelnen Punkte direkt aneinander gesetzt habe.
    Somit habe ich nach dem glattschleifen eine glatte, homogene Fläche.

    Darauf nun spachteln oder Zinn?
    Wer hat gute Erfahrungen mit Zinn gemacht?

    Ich habe bei Spachtel bedenken im Hinblick, dass sie Feuchtigkeit zieht, zu wölben anfangen kann oder aber bei zu großer mechanischer Belastung abfällt.

    Bei Zinn habe ich gehört, soll die besagte Stelle optimal vor Rost geschützt sein. Doch wie sieht es mit Opferanode etc aus?
    Opfert sich nicht das unedlere Metall zugunsten des edleren?

    Blech ist normales, rostanfälliges Karosserieblech.

    Wäre schön, wenn einer mich aufklären könnte

    Gruß

    • Offizieller Beitrag

    moin moin,

    die Opferanode opfert sich ja nur bei korrosiver Atmosphäre, also unter dem Einfluss von Wasser oder sauren Lösungen. Nur hier können die Elektronenübergänge stattfinden!
    Da du die Bleche ja wahrscheinlich lackieren willst, ist das Thema schonmal abgehakt!

    Erfahrungen hab ich mangels Notwendigkeit noch keine eigenen mit Zinn gemacht, würde selbst jedoch auf Zinn zurückgreifen.
    Spachtel hat den Nachteil, dass es bei mechanischer Belastung bricht, das heißt bei größeren Mengen kann es Risse im Lack geben.
    Außerdem gibt es wohl Spachtelsorten, die nach 20 Jahren etwas "aufgeben"!
    Teilweise kann ich diese Beobachtung bestätigen, einer unserer Unimogs hat vor einigen Jahrzehnten beim Vorbesitzer mal einiges an Spachtel abgekriegt, sieht jetzt überhaupt nicht mehr schön aus!

    mfg
    GTfan

  • Moin Frederik,

    Zinn ist eindeutig die bessere Lösung.

    Spachtel die Einfachere (Günstigere).

    Verzinnen hat den "Nachteil" dass es aufwendiger ist und auch einiger Übung bedarf.

    Der Nachteil des Spachtels ist, dass er, zu dick aufgebracht, gerne reißt.

    Eines richtigen Lackauftrages bedürfen Beide.

    Bis Gleich!

    Reiner

  • Oki dank euch für eure Antworten.

    Ich werde mir dann mal das nötige Handwerkszeug besorgen und mal auf Verschnittblechen/Altblechen üben anfangen.
    Eingelesen in die Materie hab ich mich schon.

    Wie siehts aus, wenn man eine Stelle verzinnt, dann aber nicht sofort lackt?
    Gruß

  • Aufpassen beim verzinnen. Wenn du normales Karosserieblech hast nicht zu heiß machen, sonst hast du Donauwellen im Blech. Bedarf wie du schon erkannt hast einiger Übung.

    Alte Traktorfahrerweisheit: Nicht die Länge machts, hin und her gibt Kilometer. Ist natürlich auf dem Acker gemeint.

  • hallo,
    du soltest nach dem verzinnen die fläche reinigen da die zinnpaste säure enthält.
    wenn du es nicht machst, kommt der rost event. schneller.

    hab aber auch nicht so die riesen erfahrung, event. findet sich ja ein karosseriebauer in deiner nähe der dir das ganze vernünftig zeigt.
    gruß

  • Hallo,

    ich kram mal diesen alten Thread aus, da ich bei meiner Motorhaube auch etwas verzinnen muss. (Denke, hier passt das am besten rein.)

    Mich würde interessieren welches Zinn ihr benutzt habt 25% oder 35% , oder was ganz anderes ? Und von welchem Hersteller, da ich mir vorstellen kann, dass es da auch von der Qualität und den Fließeigenschaften her deutliche Unterschiede gibt.

    Schöne Grüße

    gullideckelschmied

  • Normalerweise verwendet man das 25% Zinn, das hat einen weiteren Temperaturbereich in dem es "pastös" bleibt. 35% wird früher flüssig, hat einen kleineren Verarbeitungsbereich, aber mann kann z.B. (wenn man es wirklich kann <-- ich z.B. nicht) mit dem 35% auf das 25% draufzinnen. Aber ob das muss?

    Zu den Zinnpasten: Wenn du z.B. Falze hast, die nicht durchgehend verscheißt sind (sondern nur punktgeschweißt) ist das mit normaler Zinnpaste gefährlich, weil Säure entsteht die das Blech an-ätzt (was unter dem Zinn zur Haftung gewünscht ist), aber halt auch in den Falz läuft. Wenn du Flächen nicht gründlich reinigst hast du nach 24h eine braune Rostschicht drauf. Und das gleiche (kann) im Falz passieren (wo man schlecht reinigen kann).

    Es gibt säurefreie Zinnpasten, aber sind nicht so schön und einfach in der Verarbeitung.

    Es gibt auch Leute (wahrscheinlich die meisten), die trotzdem mit säurehaltiger Zinnpaste den Falz aufzinnen. Aber da kann ich dir nicht weiterhelfen, vielleicht geht das ja trotzdem.

    Und bei großen Flächen dünnem Blech ohne Kansten und Versteifungen hast du immer die Gefahr von Verzug und sich werfendem Blech, Motorhauben sind da nicht ganz ohne.

    Hier mal ein Link zum Korrosionsschutz-Depot mit Verarbeitungshinweisen:
    http://www.korrosionsschutz-depot.de/media/pdf/karosseriezinn.pdf


    Gruß,
    Andi

  • Moinsen,
    verzinnen ist super aber aufwändig, ich habe es in den Neunzigern noch von einem alten Meister erlernen können. Für Flächen und durchgehende Nähte hervoragend. Du kannst Dich gerne per Pn melden, ich kann Dir gerne einige Ratschläge geben.
    Gruß Holger

    Wer braucht einen Originalzustand, meine Schlepper haben gewachsene Patina :trecker7:

  • Moin Maik,
    Frederik hat sich ja in die Materie schon eingelesen, bei Detailfragen helfe ich gerne weiter.
    Ich gebe mein Wissen gerne Weiter . Ich habe im Moment aber nicht die Zeit hier das komplette Grundwissen reinzuschreiben, da es auf sehr viele kleine Details ankommt. Ich hab leider auch keine Bilder zur Zeit. Wenn ich mal wieder flächig verzinne mache ich gern eine kleine Fotodoku mit technischen Einzelheiten.
    ich habe das Verzinnen von einem Kfz-Meister in meiner Ausbildung erlernt, das kann ich nicht mal eben so in zehn Sätzen schreiben.
    Gerne aber mal eben ein zwei Grundlagen:

    Verzinnen eignet sich hervorragend für Flächen und durchgeschweiste oder hart gelötete Nähte, bei offenen Poren oder Spalten kann Flußmittel eindringen und später Korosionsschäden verursachen, habe ich selber schon gesehen bei einem Pkw_Seitenteil, welches im Teilersatzverfahren erneuert wurde, Blech mit Sicke versehen Wiederstandspunktgeschweißt und anschließend nach Herstellerrichtline verzinnt, das Flußmittel läuft zwischen die Bleche. Hier wäre ordinärer Glasfaserpachtel besser gewesen ( Glasfaserspachtel leitet im Gegensatz zu Füllspachtel keine Feuchtigkeit ) anschließend mit der Fiberscheibe abschleifen, danach mit normaler Spachtelmasse, Lackaufbau, Wachs auf der Innenseite, fertig!
    Spalten mit Hartlot verschließen geht auch super, wenn Ihr Herr über die Hitze seit, für ungeübte gibt es meist Wellen im Blech.

    Benötigtes Material:
    1. Brenner, ich arbeite am liebsten mit einem Autogenbrenner mit weicher Flamme, Propanbrenner haben meist einen zu breiten Flammkegel und lassen nur schwer eine Punktuelle erwärmung zu, Ihr müßt die Wärme gut dosieren können sonst läuft das Zinn irgendwann runter.

    2. Zinnpaste auf das hundert Prozent saubere Metall tragt Ihr Zinnpaste auf, diese wird erwärmt und wenn diese dunkel grau ist ( bzw das Zinn schmilzt. wird mit einem Baumwolllappen abgewischt, dieses wird so lange wiederholt bis auf dem Metall eine hauchdünne Zinnschicht ist, nur dann nimmt das Metall anschließend das Zinn flächig an.

    3. Karosseriezinn, es muß unbedingt Karosseriezinn verwendet werden, da dieses in einem bestimmten wärmebeerich talgig ist.

    4. Holzspachtel, ich drücke das Zinn mit einem Holzspachte an und forme es wenn es talgig ist flach aus.

    5. Zinnöl , Düsenfett oder silkonfreies Schweißspray wird als Trennmittel für den Holzspachtel benötigt, verhindert auch ein auskohlen des Holzes.

    6. Korosseriefeile, das dünn aufgetragene Zinn wird mit der Karosseriefeile in Form geschliffen, geht besser als jede Schleifmaschine

    Achtung!!! Zinn enthält Schwermetallverbindungen, Zinn sollte nicht mit dem Tellerschleifer bearbeitet werden, der Drecksstaub verteilt sich durch die ganze Werkstatt.

    Flußmittelreste müssen abgewaschen und neutralisiert werden.

    Wenn Ihr einen sehr sauberen Boden habt könnt Ihr die Zinnreste sauber einsammeln und einschmelzen, Ihr werdet das meiste Zinn zu Anfang auf dem Boden Haben :)

    Das war jetzt aber die ganz grobe Theorie, zum üben am besten einen alten Autokotflügel vom Schrott flach hinlegen , wenn das dann gut klappt, den nächsten Versuch machen wenn der Kot in Einbauposition festschrauben oder Aufhängen, wenn Ihr da das Zinn fest bekommt könnt Ihr alles Verzinnen.

    Metalloberflächen müssen 100 prozent frei von Rost und Fett sein. Wesentlich sauberer als für Schweißarbeiten.

    Das wichtigste bei dieser Arbeit ist Übung, Übung und Übung, und dazu noch ein großes Fass Geduld, wenn Ihr letzteres nicht habt, lieber gleich die Finger davon lassen.

    Hier eine kleine Lötarbeit auf meiner Homepage aus einem meiner anderen Hobbybereiche.
    https://tigerhamburg.jimdo.com/die-l%C3%B6tkl…-pumpenschacht/

    Gruß Holger

    Wer braucht einen Originalzustand, meine Schlepper haben gewachsene Patina :trecker7:

    Einmal editiert, zuletzt von tigerhamburg (5. März 2017 um 19:39)

  • Ich ergänze auch nochmal was, aber ich hab das nur von zusehen gelernt und dann eben ausprobiert, bin also weit entfernt von können.

    Für die Holzstücke zum andrücken den Zinns habe ich Buchenstücke verwendet, und als "Trennmittel" habe ich Bienenwachs verwendet. Einfach kurz mit Brenner eine dünne Schicht flüssig machen und Holz reindrücken.

    Zum Abwischen der Zinnpaste kann man auch Edelstahlwolle nehmen (keine normale Stahlwolle) oder eben ein Baumwolltuch wie schon geschrieben.

    Bei großen Flächen soll es helfen neben dem Bereich, der verzinnt werden soll, feuchte Lumpen zum kühl halten auf das Blech zu legen.

    Und noch was zum Spachtel statt Zinn: es gibt säurefreie Zinnpasten (hier hat man das angesprochene Problem mit Korrosion in Überlappungen nicht).
    Aber Glasfaserspachtel ist in der Regel auch auf Polyesterbasis, und Polyester zieht nun mal Wasser (egal ob Feinspachtel, Füllspachtel oder GLasfaserspachtel), wenn er "offen" ist. Er ist zwar stabiler, aber ist deine Deckschicht beschädigt hat man das gleiche Problem wenn auf nacktem Blech gespachtelt wurde. Alternative wäre ein EP-Spachtel, der zieht kein Wasser.

    Gruß,
    Andi

  • Um eine optimale Haftung von Glasfaserspachtel auf Blech zu erreichen sollte man das Blech mit 40 er Papier anrauhen und gründlich mit Silikonentferner entfetten und gegebenenfalls mit einem Staubbindetuch entstauben oder Fusselfrei machen. Das Blech sollte rostfrei sein, aber vor dem Auftrag des Spachtel nicht grundiert. Bei korrekter Vorgehensweise kommt es zu keiner Unterrostung. Vor jedem Spachtelauftrag muss die Oberfläche gründlich entstaubt werden.

    Verzinnen sollte man nur wenn man wirklich Ahnung von der Sache hat. Es besteht die Gefahr das man damit sonst mehr Schaden anrichtet als alles Andere.

  • Also eine letzte Anmerkung von meiner Seite:

    Frag 10 Lackierer und du bekommst 10 unterschiedliche Antworten. Ok, es gibt nur zwei:
    Spachtel auf Blech oder Spachtel auf Grundierung. Jeder sieht das anders.

    Wenn Spachtelmasse auf dem Blech liegt und es sich um Polyesterspachtel handelt, und der dann (warum auch immer) ohne Lack da steht, ist die Gefahr der Unterrostung ziemlich groß, egal welcher Spachtel auf Polyesterbasis es ist.

    So im großen und ganzen ist das wohl so:
    Spachtel auf Blech hält gut, aber eben mit den Rostrisiken (außer bei EP-Spachtel). Wenn man so spachtelt muss man zügig lackieren, sonst reicht auch schon die Luftfeuchtigkeit und ganz wichtig: auf keinen Fall naß schleifen.

    Wenn man eine gute Grundierung verwendet (jeder hat ja seine eigene gute Grundierung von der er persönlich überzeugt ist ;)) und diese nach dem Durchtrocknen ordentlich anschleift und GEWISSENHAFT entstaubt, kann man auch darauf spachteln. Das Problem am ordentlichen Anschleifen sind halt Falze und Dellen (von Widerstands-Scheißpunkten usw.), das lässt sich schwer anschleifen.
    Gute Grundierungen die selbst auch kein Wasser ziehen sind 2k-EP-Grundierungen.
    1k Grundierungen sollten z.B. nicht mit Polyesterspachtel überarbeitet werden, da der Spachtel die Grundierung wieder anlöst, das ist bei 2k-EP kein Problem (dafür muss EP relativ lange aushärten und braucht Zeit, und ist ganz anders in der Verarbeitung als 2k-Acryl/PUR oder was auch immer).

    Jeder hat die Qual der Wahl, absolut Rostfreies Blech ist natürlich immer gut, bei Zinn unerlässlich (wurde ja schon erwähnt, hier darf wirklich NICHTS anderes als nacktes Blech da sein).

    Und wie ebenfalls schon erwähnt: Silikonentferner ist das einzige was wirklich zum reinigen geeignet ist, Bremsenreiniger, Nitro oder sonst was funktionieren nicht oder nicht so gut. (Bei Wasserbasis-Lacken sollte mit eine Wasserbasis (WBS)-Reiniger gearbeitet werden, aber das sollte in diesem Forum weniger von Bedeutung sein ;)).
    Und gut gereinigt ist dann, wenn sich mit dem Lappen/Tuch mit Silikonentferner wirklich keine Staubreste mehr entfernen lassen. Das ist ätzend, aber wichtig. Staubbindetuch wurde ja auch schon erwähnt, bei viel Schleifarbeit TOP!

    Gruß,
    Andi

  • Als ich noch nicht so fit war in der Spachtel- und Lackierarbeit habe ich nach rund 10 Stunden vergeblicher Mühe eine schwer eingedellte Motorhaube selber wieder hin zu bekommen das Teil in eine Lackiererei gebracht. Die Haube war komplett von mir grundiert und hier und dort gespachtelt und geschliffen. Der Lackierer meinte, dass müsse alles wieder runter weil sie nicht wußten wie der Aufbau mit welchen Produkten vonstatten ging. Zur Entscheidung rief er einen Mitarbeiter der einen in Nitro Verdünnung getauchten Lappen mitbrachte. Damit sind sie über die Haube gegangen, am Lappen blieb keine aufgelöste Grundierung kleben. Das war das Signal das nicht alles wieder runter mußte, man konnte auf dem aufbauen was ich gemacht hatte. Hält bis heute einwandfrei, war aber auch nicht ganz billig....

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