Ladungssicherung bei (Fahrzeug-)Transporten

  • Moin,

    sofern ich davon ausgehen darf, dass der hinterste Spanngurt ins Zugmaul geht, kann die Ladungssicherung rein rechnerisch als grenzwertig ausreichend angesehen werden (gegen seitliches Verrutschen werden 3 Spanngurte beim Niederzurren gebraucht). Ist das zweite Hinterrad hingegen auch nur runtergezogen wie das Sichtbare, so ist die Ladungssicherung unzureichend :wink:

    Und damit nicht gleich die nächste Frage kommt, warum da ein Unterschied bei gleicher Anzahl an Gurten besteht, kommen hier noch ein paar Grundlagen ( :arrow: wen es näher interessiert, den verweise ich an die VDI-Richtlinie 2700, Blatt 2)

    Erst einmal die Klärung, wogegen überhaupt gesichert werden muss: gegen Verrutschen bei Verzögerung in Fahrtrichtung ("normale" Gefahrenbremsung o.ä.) sollte das 0,8-fache der Ladungsmasse gesichert sein (also entsprechende Kräfte durch Spanngurte oder auch Anfahrleisten abgefangen werden können), gegen seitliche Beschleunigungen (Kurvenfahrt) und Verzögerung entgegen der Fahrtrichtung (gemeinhin als Beschleunigung bezeichnet) sollten jeweils das 0,5-fache der Ladungsmasse gesichert sein.
    Dazu kann man entweder das Direktzurren (Formschlüssig) anwenden, oder das Zurren über Kraftschluss.

    Beim Direktzurren wird der Spanngurt direkt an der Ladung (bei uns natürlich am Schlepper) eingehängt, dann kann der Spanngurt maximal die Kraft aufnehmen, die auf dem Blauen Schnipsel als "LC" (Lashing Capacity) vermerkt ist. Bei den üblichen Großen Spanngurten sind das 2000daN, umgerechnet etwa 2 Tonne, die die Gurte halten können. Wenn man den Gurt dann noch als Schlaufe verwendet, so verdoppelt sich die LC im Regelfall... Hierbei muss man nur auch die Spannwinkel beachten, wenn man mit den Spanngurten diagonal verspannt! Dann müssen die in die jeweilige Richtung wirkenden Kräfte mit Hilfe von Sinus und Kosinus bestimmt werden!

    Beim Zurren über Kraftschluss hingegen ist nicht die LC entscheidend, sondern die Vorspannkraft, die mit einem Gurt erreicht werden kann. hierzu gibt es eine weitere Angabe auf dem Schnipsel: S(TF). Die Angabe S(HF) gibt die dazu nötige Handkraft an, mit der die Ratsche betätigt werden muss um die Vorspannkraft zu erreichen.
    Um hier die benötigte Zahl an Spanngurten zu berechnen, gibt es eine schöne Faustformel: F=(c-my)/(my*sin(w))*FG/2 bedeutet: "Gesamtvorspannkraft = ( Beschleunigungsbeiwert (vorwärts 0,8; seitwärts/ rückwärts 0,5) - Gleit-Reibbeiwert ) / ( Gleit-Reibbeiwert * Sinus( Gurtwinkel) ) * halbes Fahrzeuggewicht"
    Als Gleit-Reibbeiwert, der natürlich untergrundabhängig ist, sollte man lieber einen schlechteren Wert annehmen und somit besser sichern!
    Für einen Gummireifen auf einer Stahl-Ladefläche, die nass und dreckig ist (Sand zwischen Reifen und Ladefläche lässt sich selten vermeiden), wird in verschiedenen Quellen ein Wert von 0,15 bis 0,25 angegeben.
    Die Kräfte werden in "daN" angegeben, können überschlagshalber aber 1:1 in Gewichte (in Kilogramm) umgerechnet werden.

    Zum Schluss jetzt noch die Kurze Rechnung zu dem obigen Schlepper:
    F=(0,8-0,2)/(0,2*sin(90°))*900daN(Kg)/2 = 0,6/0,2*450daN= 1350daN die als Vorspannkräfte an den Rädern anliegen müssen, sofern NUR die Räder senkrecht nach unten gezurrt werden.
    Bei einer maximalen Vorspannkraft von 320daN pro Gurt macht das dann: N=F/S(TF)=1350daN/320daN= 4,22 Spanngurte! :arrow: Somit wären zur richtigen Sicherung 5 Spanngurte beim Niederzurren des Bulldogs notwendig :idea: Geht natürlich schlecht bei nur 4 Rädern :mrgreen: dann darf aber auch kein Gurtumleitung wie am Vorderrad dieses Bulldogs verwendet werden, da durch diese Vorspannkräfte nicht auf das Rad übertragen werden können und somit verloren gehen...

    Und falls jetzt die Frage kommt, wie das bei den Autotransportern aussieht: die sollten Anfahrschienen nutzen und gehen so auch wieder in eine formschlüssige Ladungssicherung.


    Im Zweifelsfall gilt natürlich auch weiterhin lieber ein Gurt zu viel, als ein Gurt zu wenig, ein Spanngurt kostet schließlich weniger, als ein Unfall mit Personenschaden durch (vorsätzlich) schlechte Ladungssicherung... und meine obigen Ausführungen sind zwar bestmöglich recherchiert, im Falle des Falles aber nicht rechtsbindent! :wink:
    Mir ist auch klar, dass in der Praxis selten jemand vor Fahrtantritt seine Ladungssicherung so genau durchrechnet, sondern erst genau hingeschaut wird, wenn es schon zu spät ist und ein Schaden vorliegt. (Ich habe bisher selbst kaum nachgerechnet, da wir meist direktzurren mit (mindestens) zwei Gurten hinten...)


    Zu guter Letzt noch der Hinweis an Willi: sofern dein Bulldog ordnungsgemäß gesichert war, wird "GTfan" seine Aussage zur Ladungssicherung sicher zurückziehen, es ist auf dem Bild nur etwas schlecht zu erkennen (auch ich habe den hinteren Gurt erst nicht gesehen). Ich für meinen Teil hätte zumindest noch einen Gurt über das zweite Vorderrad gelegt, um ein Springen des Schleppers zu verhindern, denn hierdurch könnte er sich auch aus dem anderen Gurt lösen...

    Jetzt noch zu diesem Hinweis

    Zitat

    Zudem hängt er im Stahlseil der Winde und die Handbremse wird auch zu sein!

    :pc:
    Die Anmerkung mit dem Stahlseil finde ich nur mäßig amüsant, wogegen soll das Bändchen denn halten? Beschleunigen kann ich auch so dosiert, das ich den Schlepper gar nicht anbinden brauche... eine Gefahrenbremsung kann ich mir neunmal nicht aussuchen und dagegen hilft dieses Seil rein Garnichts :roll: Noch dazu ist es offenbar eine Elektrowinde... Mehr muss ich dazu glaube ich nicht schreiben


    Nichts für Ungut, die Ladungssicherung war nicht Willis Anliegen...

    Mfg
    Magnus

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